Es war einmal ein wunderschöner Bauernhof, wo sich heute der Türlersee ausbreitet. Dieser Hof war bekannt für seine fruchtbaren Felder und die einladende Atmosphäre. Der Besitzer des Hofes, ein fleissiger Bauer, hatte eine einzige Tochter, die anmutig und tugendhaft war. Seine Frau ist leider kurz nach der Geburt der Tochter verstorben. Diese war sein ganzer Stolz. Das Bauernmädchen war nicht nur für ihre Schönheit bekannt, sondern auch für ihre unerschütterliche Treue zu ihrem einfachen und ehrlichen Leben.
Eines Tages erblickte der junge Ritter der nahen Schnabelburg die Tochter des Bauern und verliebte sich leidenschaftlich in sie. Trotz seiner adligen Herkunft und seines Reichtums konnte er ihr Herz nicht gewinnen. Immer wieder machte er ihr grosszügige Versprechen und schmückte seine Worte mit verlockenden Bildern eines Lebens in Wohlstand und materieller Fülle. Doch sie, die das einfache Leben und die Freiheit des Landlebens schätzte, wies ihn jedes Mal entschieden zurück. Die Pracht der Burggemächer konnte sie nicht beeindrucken und die Überheblichkeit des edlen Ritters stiess sie ab.
Der junge Ritter von ihrer Ablehnung tief gekränkt, beschloss zu listigeren Mitteln zu greifen. Er suchte den Vater des Mädchens auf und überzeugte ihn unter falschen Vorwänden, seine Tochter um Mitternacht zur Schnabelburg zu bringen. Der Vater, geblendet von den Versprechungen des Schlossherrn und überzeugt, dass er das Beste für seine Tochter tat, willigte schliesslich ein.
Um Mitternacht, als alles schlief, führte der Vater die widerwillige Tochter zur Burg. Der Ritter öffnete selbst das schwere Tor und zog das Mädchen gewaltsam hinein. In diesem Moment erkannte sie die Wahrheit und stiess einen Schrei der Verwünschung gegen ihren verräterischen Vater aus.
Noch während ihr Schrei in der Dunkelheit verhallte, durchbrach ein gewaltiger Blitz die nächtliche Stille und traf das Elternhaus. Durch die Türspalte sah sie, wie der Boden sich öffnete und eine feurige Kluft das einst so schmucke Anwesen mitsamt den fruchtbaren Feldern verschlang. Ihr Herz war schwer vor Schmerz und Entsetzen, als sie Zeugin des Untergangs ihres Zuhauses wurde.
Als der Morgen graute und die ersten Sonnenstrahlen den Himmel färbten, war der prächtige Bauernhof verschwunden. An seiner Stelle breitete sich ein stiller, tiefer See aus, der das tragische Schicksal in seinen kühlen Wassern verbarg. Der Türlersee, wie er fortan genannt wurde, zeugte von der Macht der Gerechtigkeit und der ungebrochenen Würde eines einfachen Mädchens, das sich gegen die falschen Versprechungen und die Überheblichkeit eines adeligen Mannes zur Wehr setzte. Ihre Geschichte lebte in den Erzählungen der Menschen weiter, die sich daran erinnerten, dass wahre Ehre und Stolz nicht durch Reichtum und Macht erkauft werden können.
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